Quellen und Texte 61/2013
ISBN: 978-3-7883-9961-0
Auflage: 1
Umfang: ca. 80 Seiten
Format: DIN A5
Medium: Broschüre
Bestellnummer: 90161
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Preis: EUR 3,00
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Ab 20 Exemplaren pro Ausgabe gilt der Einzelpreis von je €
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Die Quellen und Texte erscheinen zu jeder Kunstmappe. Sie
enthalten Materialien wie z. B. Selbstzeugnisse der Künstler, Texte zu Werk,
Person und Epoche, bzw. zum historischen Hintergrund.
Aus dem Vorwort:
„Der Raum existiert nicht, man muss ihn schaffen.“ Für den Maler und Bildhauer
Alberto Giacometti, der dies um 1949 feststellte, war der Raum ganz
offensichtlich mehr als eine physischeDimension. Jede Skulptur, die vom
Raum ausgehe, als existiere er, sei nichts als ein Irrtum, eine Illusion.
Diese Erkenntnis trieb ihn im künstlerischen Umgang mit seinen Modellen immer
wieder zur Verzweiflung: „Je mehr ich dasModell anschaute, desto dichter
wurde der Schleier zwischen seiner Wirklichkeit und mir. (…) Nichts erscheint
mehr gesichert, weder das Aussehen noch die Größe, einfach gar nichts.“
Ist das, was wir leichthin als „Raum“ bezeichnen, überhaupt eine
Wirklichkeit?
Für den Bildhauer, so glauben wir, sei der Raum ein Stoff wie Marmor, Bronze
oder jedes andere Material – ein Phänomen, dessen metaphysische Dimension es
für die Sinne plastisch zuerforschen und erfahrbar zu machen
gilt. Plastische Masse verdrängt die Leere, Plastik braucht Raum und
interagiert durch ebendiesen Raum mit dem Betrachter. Doch aus der praktischen
Alltagserfahrung wissen wir, dass Raumnicht greifbar ist und keine Grenzen
kennt. Und „Leere“ ist ein höchst fragwürdiger Begriff.
Man muss kein Künstler sein, um zu bemerken, dass Raum ein grundlegender
Bestandteil dessen ist, was man als
Wirklichkeit bezeichnet. Philosophisch strittig ist allerdings, ob der Raum
„an sich“, unabhängig von Wahrnehmung
und Vorstellung, existiert oder lediglich eine Anschauungsform des
wahrnehmenden Subjekts ist. Die Frage ist also,
ob mathematischer Raum, physikalischer Raum und der Raum der Erfahrung
zusammenfallen.
Spätestens seit der griechischen Antike basiert die Raumvorstellung auf den
Prinzipien der Geometrie, die durch
den Mathematiker Euklid (ab ca. 550 v. Chr.) formalisiert wurde: Raum
definiert sich als Ausdehnung in Höhe,
Länge und Breite. Dabei stellte sich die Frage nach der Unendlichkeit und der
unendlichen Teilbarkeit des Raumes.
Carl Friedrich Gauß (1777–1855) und andere Gelehrte nach ihm stellten
grundlegende Postulate der euklidischen
Geometrie in Frage und verwarfen sie schließlich als nicht allgemeingültig.
Auf diesen nicht-euklidischen Geometrien
baute dann die Relativitätstheorie Albert Einsteins auf, die unsere
Vorstellung vom Raum grundlegend veränderte.
Sie fügt den drei Raumdimensionen als vierte Dimension die Zeit hinzu und
lässt so ein vierdimensionales
Raum-Zeit-Kontinuum entstehen, was auch Folgen für die künstlerische, vor
allem plastische, Praxis und deren
ästhetische Wahrnehmung hat.
Siegmar Holsten war bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2010 als langjähriger
Kurator und stellvertretender Direktor
der Staatlichen Kunsthalle in Karlsruhe tätig. Als profunder Kenner der
Materie versucht er auf den folgenden
Seiten das spannungsvolle Verhältnis zwischen Skulptur und Raum zu klären und
damit das Verständnis für die
zwölf ausgewählten Werke der vorliegenden Mappe „Meisterwerke der Kunst“ zu
vertiefen.
Dabei helfen auch die anderen Beiträge dieses Quellenhefts, das als Ergänzung
der Mappentexte zusätzliche Hinweise
gibt und Hintergründe erschließt. Aus Platzgründen und anderen Erwägungen
wurden innerhalb längerer Originaltexte
manchmal Kürzungen bzw. Auslassungen vorgenommen, auch Fußnoten wurden deshalb
weggelassen.
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Redaktion empfänglich und der Verlag
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Johannes Halder
Redaktion „Meisterwerke der Kunst“